Dienstag, 27. März 2012

Back in the Yukon

 
 
Auch wenn sich langsam der Frühling bemerkbar macht, so ganz kann hat sich der Winter noch nicht verabschiedet, zumindest nicht an diesem Morgen. Um acht Uhr in der Früh mache ich mich von der Fischfarm, auf der ich Martin besucht habe, auf den geplanten „Highway Hike“. Vor mir liegen rund 25 Kilometer, mein Hauptgepäck wurde mir bereits per Taxi zum Kennel geschickt, sodass ich heute nur meinen kleinen Rucksack zu schleppen habe; Ein Vorteil wenn das Gepäck auf Kosten der Fluggesellschaft vergessen wird. Zum Glück habe ich eine alte Decke mit, die mir bei den herrschenden -20°C über die ersten Stunden als Schalhalstuchmütze dient. Auch meine Handbedeckungen sind leider im bekannten Seesack, die alten, zerlöcherten Handschuhe von Martin erfüllen aber zumindest auf Placebobasis ihren Dienst hervorragend.
 


Meine Wanderung erstreckt sich über gut 20 Kilometern auf der Asphaltpiste. Nach dem dreihundertsten Auto, das mir entgegen kommt höre ich auf zu zählen, je weiter ich mich allerdings von Whitehorse entferne, desto mehr ebbt der Verkehr ab. Mein Frühstück, das ich mir am Vortag besorgt habe ist gefroren, da es nicht so viel auf einem Highway zu sehen gibt, spare ich mir die Pause und verzehre die kalten Brötchen während des Marschs, zu trinken gibt es slush-water.


Nach rund vier Stunden erreiche ich vertrautes Gelände; Vor mir erstreckt sich der Husky Trial, eine gute halbe Stunde trennt mir nur noch vom Kennel.
Das Wiedersehen ist herzlich, ich stiefel zwischen den gesamten Hundehütten durch, auch mein Zimmer finde ich erstaunlich unverändert vor, es dauert nicht lange und ich habe mich wieder eingelebt. 

 

 

Meine Tage auf Muktuk kann ich nun wieder als Guide etwas Geld verdienen. Die Natur ist nach wie vor atemberaubend. 

 
 
 


 
 
Auf einem der fullday-trips lerne ich eines der nettesten, kanadischen Ehepaare kennen (das steht auf jeden Fall für mich fest). Barbara (Barb) and Robert (Bob) sind einfach herrlich. Sie kommen schon seit Jahren zum Hundschlittenfahren mit ihrem Van zu Muktuk, dieses Jahr habe ich die Ehre sie hier zu treffen. Nicht genug, dass wir auf dem Trip einfach unglaublich viel zu lachen und zu erzählen haben, Bob lädt Mads und mich an meinem freien Tag zum Snowboarden ein. Ich packe morgens ein paar Sachen zusammen, als ich zur Mainlodge komme, ist der Van samt Anhänger und ATV schon startklar; Bob fährt mit uns in die richtigen Berge. Mit seinem ATV bringt er uns auf den Haeckel Hill, den gesamten Vormittag verbringen wir damit, mit dem zusammengeflickten Snowboard die Trails hinuter zu heizen. So viel Spaß hatten wir lange nicht, auch Bob scheint fröhlich darüber zu sein, den Berg hoch und runter zu fahren. Er wartet jedes Mal in waghalsigen Positionierungen neben den Trials, schießt Fotos und scherzt in einer Tour über die Vorteile eines privaten Berges samt Lift. Am Nachmittag kündigt sich der Muskelkater an, wir hatten unglaublich viel Spaß. Am Ende lädt er uns zu alledem zu einer heißen Schokolade und einem Donut ein. Herzlichsten Dank an dieser Stelle (wie kann man nur so unglaublich nett sein)!!! 









 
 

 
 
Diesen Tag wird man wohl nie vergessen.

 

Dienstag, 13. März 2012

Eine Reise mit Umwegen

Es ist Montag der 12. März 2012. Mein Rucksack, den ich schnell noch in der letzten Nacht zusammen gepackt habe steht abreise bereit; auf das erstaunlich Nötigste begrenzt komme ich gerade mal auf insgesamt 22 Kilo.Und dann ist es auch schon wieder so weit. Nach dem gut vierwöchigen Berwerbungsurlaub steht der erneute Abschied von der Familie bevor. Ich möchte mich hier vor allem einmal bei meinen Eltern, aber auch bei allen anderen, die mich „für“ Kanada unterstützt haben, bedanken. Ohne euch könnte ich dieses Abenteuer nicht so ausleben, wie es mir möglich ist: Danke! Auch wenn der Abschied wieder schwer fällt, ich freue mich doch auf die nächsten dreieinhalb Monate und somit meinen dritten Teil des „big canadian adventures“! Kanada, es gibt da noch ein paar Sachen zu erleben!

3.Teil des Abenteuers


  Mittlerweile sitze ich seit drei Stunden auf dem Flughafen Hannover fest. Auch wenn ich mit den übrigen Passagieren nach zwei Stunden Warterei endlich ins Flugzeug gelotst werde, der Pilot erhält durch starken Nebel in England keine Starterlaubnis. Mir tut die merkbar überforderte Stewardess am Schalter schon etwas leid, die ersten Passagiere machen ihrem Unmut Luft, auch die letzte Stunde im Flugzeug trägt nicht maßgebend zur Erheiterung der Allgemeinstimmung bei. Ich störe mich an den Verspätungen, wohl bemerkt, noch nicht so sehr. Nach einer Weile fange ich an zu lesen und bin über das „geordnet, herrschende Chaos“ der Bodencrew des Flughafens amüsiert. Es gibt unglaublich viele, kleine weiße Flughafenfahrzeuge, die mitsamt Fahrer in merkwürdigen Formen um andere herumfahren oder die ich während meiner Wartezeit gefühlt jede zweite Minute wieder vorbeifahren sehe. Zugegeben, auch mir wird nach 180 Minuten etwas langweilig, ich fange gerade an zu überlegen, was man mal zur allgemeinen Erheiterung anstellen könnte, aber da geht es dann endlich los. Der Pilot startet die Maschinen und ich kann mir für den Überflug nach London die erstaunt aufgeregte, beunruhigte Unterhaltung der Damen hinter mir anhören. Ja, irgendwie ist es dann sogar toll, als man endlich wieder ausstiegen kann.
Als ich in einem früheren Abschnitt dieses Posts erwähnt haben sollte, dass mir die Warterei nicht auf die Nerven gegangen sei, jetzt ändert sich meine Meinung schlagartig. Durch die dreistündige Verspätung in Hannover kann ich in London Heathrow gerade noch dem Anschlussflug nach Vancouver hinterher winken. Auch wenn die Lufthansatante, die sich mit mir sofort auf die energische Suche nach einem Ausweichflug macht und den Hörer heiß redet, wirklich alles erdenklich in ihren Job setzt und letztendlich auch erfolgreich zu sein scheint, jetzt habe ich, wie gesagt, keine so gute Laune mehr. Dann die Erleuchtung: Sie drückt mir einen Zettel in die Hand, ich kann ihre Schrift nicht so richtig entziffern, auf meinen fragenden Blick fängt sie an zu fuchteln und meint, das verstehe ich sogar, ich solle mich umgehend zu Terminal 5 begeben. Um mein Gepäck solle ich mir mal keine Sogen machen (was sich vielleicht doch später als Fehler herausstellt), es würde über die Maschine mitgeschickt. Nun sei zu erwähnen, dass der Flughafen in London, Heathrow wirklich unglaublich hässlich, aber einfach auch sehr, sehr groß ist. Gerade noch rechtzeitig, etliche Gänge entlang hastend und unzählige Rolltreppen benutzend, komme ich an der Bushaltestelle an. Noch einmal dauert die Busfahrt zehn Minuten, dann geht es endlich einem neuen Flugzeug und einer neuen Fluggesellschaft Richtung Canada. Ich habe einer Dreiersitzreihe für mich alleine, das Treten des kleinen Mädchens, dass nach rund sechs Stunden zum Schlafen auf den freien Plätzen abgelegt wird, stört durch die stoß dämpfende Wirkung meiner Jacke auch nicht übermäßig, so kann sie mir wenigstens nicht mehr von dem Platz aus hinter mir in den Rücken treten.

 

Mein nächster Stopp: Calgary, Alberta. Hier dann erste Anzeichen eines Schocks; mein Gepäck taucht, auch nach einer halben Stunde, nicht auf. Vorsichtshalber gebe ich eine Vermisstenanzeige nach dem grünen Seesack auf, muss dann auch schon wieder weiter hasten und mich um die nächsten Flüge kümmern. Nächstes Ziel heißt Vancouver. Auch wenn die Flughäfen, sowohl Calgary als auch Vancouver eigentlich sehr schön sind, mittlerweile habe ich auf diese ganze Hetzerei keine Lust mehr. Ich spare nun hier die Beschreibungen der letzten Flugstunden, nur so viel: Man wird müder und müder.
In Whitehorse scheint es ordentlich zu schneien. Am Fenster kann man die aufleuchtenden Schneewirbel über die Tragflächen ziehen sehen. Trotz erheblichen Windes und einer Flugbahn, die einfach tierisch vereist sein muss, lande ich schließlich um 01:20 Uhr heile in Whitehorse. Wer jetzt glaubt, dass einen nach einer solchen Reise nichts mehr schocken kann, der soll erst einmal erleben, dass dann des Gepäck doch nicht so mitgeschickt wurde, wie angesagt; Natürlich bin ich es, der am Ende alleine und ohne Gepäck in der leeren Wartehalle stehen bleibt. Einfach wunderbar! Ich schleppe mich erneut zu einem Schalter und geben, das Prozedere kenne ich ja mittlerweile, mein Gepäck endgültig als vermisst an. Bis auf eine Informationsnummer bekomme ich erstmal nichts weiteres. Man kann also nur hoffen, dass auch meine, auf das Nötigste begrenzte, Ausrüstung noch einmal den Weg in den Hohen Norden Canadas finden wird. Das könnte sonst doch etwas kühl werden...


Hier noch einmal eine letzte Überlebensanleitung für Verschollene auf dem Flughafen Whitehorse:

  • Auf ein paar der Sitzbänke kann man sich hinlegen, es sei dabei allerdings darauf zu achten, dass man nicht zwischen die einzelnen Stühle rutscht
  • Bedingt durch die Klimaanlagen und die Getränkeautomaten sollte man eventuelle jackenähnliche Gegenstände nicht als Kopfkissen, sondern in ihrem zugedachten Verwendungsbereich benutzen
  • Mindestens den Kopf zum Diebstahlschutz auf Rucksack und Schuhe, wer zusätzlich eine Decke findet, ist hier denkbar glücklich
  • Ein Aufwachen im „alle halbe Stunde Takt“ ist ganz normal (fragen sie einfach einen der Flugzeugangestellten, der in etwas alle halbe Stunde ausgerechnet die scheinbar schwersten Schokoriegel und die vollsten Flaschen aus den Automaten dreht). Auch eventuelle Reinigungskräfte, die mitten in der Nacht auf einem leeren Flughafen mit so ziemlich jedem, zur Verfügung stehenden, Arbeitsgerät auffallend oft um dich herumfahren und anscheinend den Bodenbelag für dein Aufstehen um dich herum eigentlich wegputzen wollen, können dir dieses Phänomen bestätigen

 

 
Bevor ich nun wieder für ein paar Tage als Hundeschlittenguide arbeiten kann, werde ich mir nun heute den Tag über, der nebenbei um fünf Uhr morgens mit dem Erscheinen der ersten Fluggäste Whitehorse- Vancouver begonnen hat, das weiße Pferd ein bisschen genauer ansehen, ich habe noch ein paar Sachen zu erledigen und werde den einen oder andere Bekannten besuchen.

Da es nun einmälig hell wird, werde ich mich nun mit einer kleiner Bitte meinerseits verabschieden: Falls irgendjemand einen grünen Seesack mit einem, auf das Nötigste bepackten, Rucksack finden sollte, einfach nach Whitehorse schicken. Ich brauche den... ;)

 

Sonntag, 11. März 2012

Auf in den Osten

Meinen ursprünglichen Plan, von der West- bis zur Ostküste zu reisen, hatte ich während der letzen Monate in der Provinz British Columbia ein wenig aus den Augen verloren. Es gab einfach viel zu viele schöne Gegenden und Regionen zu entdecken – die charmanten Gulf Islands mit nahezu tropischen Klima, Regenwälder in Tofino, die Sunshine Coast entlang des Pazifiks, atemberaubende Bergwelt in den Kootenays, zahlreiche Seen und Farmland im Okanagan, die Wildnis in der Skeena Area, Metropolen wie Vancouver und Victoria, Skigebiete im Slocan Valley und verzauberte Orte wie Nelson oder Johnsons Landing. Mit Sicherheit hätte der Bundesstaat auch noch genug weitere interessante Gebiete parat gehabt, um mich für die kommende Monate zu beschäftigen. So habe ich es zum Beispiel noch nicht geschafft, die Inselgruppe mit dem Namen Haidaa Gwaii im Norden British Columbias - auch bekannt als die „Galapagos Inseln des Nordens“ - oder die kleinste Wüste Nordamerikas im Süden des Landes zu besuchen. Nichts desto Trotz war es an der Zeit, der Westküste den Rücken zu zukehren und weiterzureisen.
Wanderung zum Elephant Mountain, BC

Goodbye Beautiful British Columbia!

Die Vorstellung, in , mir bis zu diesem Zeitpunkt noch völlig unbekannte, Gebiete vorzudringen und meinen kanadischen Horizont über mehrere Provinzen hinaus auszubreiten hat mich sehr begeistert. Denn mein aufrichtiges Statement “I love Canada“ schien ein bisschen neben der Tatsache zu verblassen, dass ich bis jetzt nur einen der insgesamt 10 Bundesstaaten und 3 Territorien kennengelernt hatte. Daher lautete mein neuernanntes Ziel, meinen Fuß einmal in jede der Provinzen zu setzten. Und wie ließe sich diese Mission wohl besser bewältigen, als mit dem altbewährten Zug durch das Land zu reisen? In Kanada gibt es nur ein einziges Schienennetzwerk, welches praktischerweise von Westen nach Osten verläuft und sowohl von Güterwagen als auch von dem Personentransport der Gesellschaft “VIA Rail“ befahren wird. 
Zug mit einigen Passagier-, Aussichts- und Speisewagons

Bahnhof in Winnipeg, MB

Für junge Reisegäste gibt es ein vergleichsweise kostengünstiges Angebot für einen Zugpass, mit dem man innerhalb einer festgelegten Zeitspanne von 21 Tagen so weit reisen kann, wie man möchte. Zufällig beträgt der Preis für dieses Zugticket fast den gleichen Betrag, den ich dank zahlreicher Aufrufe meines WWOOF-Videos innerhalb des Wettbewerb gewonnen habe. Dieser Wink des Schicksals hat mich in meiner Planung bestärkt, so dass ich Ende Januar den Reisepass in den Händen hielt.
Mein Abenteuer begann am 19ten Januar, als ich den Bahnhof in Vancouver betrat.
Was die Zugfahrt an sich betrifft, so kann ich nur von schönen Landschaften und interessanten Bekanntschaften berichten, abgesehen von den dreieinhalb Büchern die ich während der gesamten Fahrt zur Unterhaltung konsumiert habe. Den Umständen entsprechend waren die Nächte, die ich meist eingerollt zwischen zwei der gepolsterten Sitze verbracht habe, nicht gerade erholsam, aber im Vergleich zum nackensteifenden Greyhoundbus eine wahre Wohltat. Nach einiger Zeit erreichte ich meine erste Zwischenstation; den verträumten Ort Jasper, der direkt in dem gleichnamigen Nationalpark in den Rocky Mountains des Bundesstaates Alberta liegt. Um den Rahmen meiner Berichterstattung nicht zu sprengen, lasse ich an dieser Stelle lieber Bilder für mich sprechen.

freundlicher aber respekt einflößender Hirsch im Nationalpark, AB

Windsurfer auf zugefrorenem Patricia Lake

Insel auf einem gewaltigen Bergsee

verträumtes Jasper, kaltes Jasper (-30°C)

Schneebedeckte Bergwelt

Eisschwimmen am Patricia Lake

neugieriges Reh, mir persönlich ein wenig behaglicher als Hirsche

Nach einigen Tagen ging es dann auch schon wieder weiter und ich hatte mich mental bereits auf einen dreitägigen Aufenthalt im Zugabteil eingestellt. Denn so lange dauert es, bis man die endlosen Prärien im Landesinneren durchquert hat und schließlich die Metropole Toronto erreicht. Allerdings hat mir ein Unfall auf den Schienen, der sich einige Tage vor meiner Abreise ereignet hatte, einen Strich durch die Rechnung gemacht; ein Güterwagen war auf einer Brücke mitsamt der selbigen in die Tiefe gestürzt, so dass wir Überführung nicht mehr passieren konnten. Die gut organisierte VIA Rail Crew hatte jedoch einen Notfallplan bereit, so dass alle Reisegäste ohne Umschweife zu dem nahen Flughafen in Calgary transportiert wurden, um von dort aus einen Flieger nach Winnipeg zu nehmen. Das ganze Verfahren verlief ohne weitere Zwischenfälle, allerdings habe ich den Bundesstaat Saskatchewan dabei überflogen und somit mein Ziel, jede Provinz zu betreten, nicht erfüllen können. Zwar wird meine Sammlung daher wohl niemals komplett werden, aber auf Grund fehlender charakteristischer Merkmale des Bundesstaates Saskatchewan und nicht allzu großem Unterschied im Vergleich zur benachbarten Provinz Manitoba, bleibt eine mögliche Rückkehr meinerseits wohl nach wie vor eher unwahrscheinlich. Anschließend ging es jedoch wie geplant weiter und am nächsten Tag erreichte ich Toronto in dem Bundesstaat Ontario; eine der wenigen Metropolen im Osten des Landes und gleichzeitig Wohnort von 20 % der landesweiten Bevölkerung. 

Ausflug zu den Niagarafällen, Ausblick zu den USA auf der rechten Seite
Gewaltige Wassermassen des Horseshoefalls
grauer Tag in Toronto, Kensington Market, ON
im Hintergrund Torontos Wahrzeichen- der Turm

 
Nach einer turbulenten Großstadtzeit ging es dann weiter gen Osten, in die frankophone Provinz Québec. Es ist leicht zu vergessen, dass Kanada ein bilinguales Land ist, wenn man sich größtenteils an der Westküste aufhält. Ab und zu trifft man zwar auf einen “Québecoise“ , aber im großen und ganzen konzentriert sich diese Bevölkerungsgruppe in - wie könnte es auch anders sein - Québec und einigen nördlichen Teilen von New Brunswik und Nova Scotia. Als ich jedoch am Bahnhof Ville de Québec ankam, wehte mir der Geruch von Baguettes und Fromage um die Nase. Zur Begrüßung gab es zwei schnelle Küsse auf die Wangen und ich wurde ohne Vorwarnung mit betont französischer Kultur und Tradition konfrontiert, die wohl in Europa nicht authentischer hätten sein können. Es hat ein wenig Zeit und Übung gekostet, bis sich der imaginäre Schalter in meinem Gehirn von Englisch auf Französisch umgestellt hatte, aber danach funktionierten die elementaren Kommunikationsformeln einwandfrei. Québec City zählt zu den ältesten Städte in Nordamerika und besitzt einen wunderschönen Altstadtkern, der von einer Stadtmauer umgeben ist. Die Straßen sind mit Kopfsteinen gepflastert und jede Mahlzeit wird mit Ahornsirup – einem der Hauptwirtschaftszweige – versüßt.

alte Stadtmauer in Québec City, QC

historische Altstadt und eine Idee von Ahornsirup in der Luft

ein Bett aus Eis...

...in einem Hotel aus Eis

Aussicht über Levis, auf der anderen Seite des St. Lawrence Stroms

Kanurennen über die Eisschollen des Flusses

Chûtes de Montgomercy, zugefrorene Wasserfälle bei Nacht


Meine kurzen Zwischenstopps in den jeweiligen Orten habe ich übrigens der Homepage “couchsurfing.com“ zu verdanken; eine Internetplattform, die die Kontaktaufnahme zwischen durchreisenden Touristen und Stadtbewohnern ermöglicht, welche wiederum eine freie Couch oder sonstige Schlafmöglichkeit zur Verfügung stellen. Somit hatte ich nicht nur ein festes Dach über dem Kopf, sondern auch jedes mal außerordentlich freundliche Gastgeber, die sich außerdem als kompetente und hilfreiche Stadtführer erwiesen haben. Außerdem lernt man bei dieser Art des Reisens zwangsläufig waschechte Einheimische kennen, die einen meist mit nützlichen Insidertipps versorgen und vermeidet die Touristen, auf die man sonst Hostels oder Jugendherbergen treffen würde. Die Gültigkeit meines Zugtickets neigte sich jedoch schnell dem Ende entgegen, so dass ich bald zu meiner vorläufigen Endstation aufbrach; Halifax im Bundesstaates Nova Scotia. Diese Stadt ist größenordnungsmäßig ungefähr mit Hannover vergleichbar, nur ist die Bevölkerung auf Grund der zwei Universitäten durchschnittlich um einiges jünger.
Des weiteren besitzt Halifax einen schönen Hafen und liegt an der langersehnten Atlantikküste. Endlich, nach einer 5 000 km langen Reise und dem Durchqueren von vier Zeit- und einer Sprachzone, hatte ich die Ostküste erreicht.
stürmische Zeit am Halifax Pier, NS

während eines Spaziergangs im Plesant Point Park

betont farbenfrohe Straßenfassaden

Kanone in der stadtüberwachenden Zitadelle

Nach fast einem Monat des ewigen Hin und Her, nach kurzen Nächten und stetig wechselnder Bekanntschaften, nach schweren Rucksäcken und Orientierungslosigkeit muss ich jedoch eingestehen, dass Reisen ganz schön anstrengend ist. Daher habe ich mich um so mehr gefreut, wieder mit dem Wwoofen in Whycocomagh, einem winzigen Ort auf der Insel Cape Breton im Norden Nova Scotias, anzufangen. In dieser Jahreszeit fällt landwirtschaftlich betrachtet natürlich nicht all zu viel Arbeit an, aber glücklicherweise bin ich auf einen Schreinermeister gestoßen, der hauptberuflich Holzlöffel herstellt und sich sehr über meine Anwesenheit bzw. Hilfe gefreut hat. So habe ich neben alltäglichen Arbeiten wie Kochen, Geschirrspülen und Feuerholzstapeln auch noch das Handwerk der Löffelanfertigung erlernt, welches – entgegen aller eventuell vorhandenen Vorurteile – sehr komplex und interessant ist.

1. grobe Löffelform aussägen

2. Löffel mit Schleifpapier in Form bringen

3. Löffelkuhle ausbohren

Ort des Geschehens

Löffelserie aus wildem Kirschholz nach weiterem Schleifen

Unterkunft in Whycocomagh, Cape Breton, NS


Nachdem ich alle Geheimnisse des Löffelhandwerks ergründet hatte, ging es sogleich weiter zu einer nicht weniger interessanten Stelle; einer Ahornsirup Farm in Mabou. Der Ahornsaft beginnt dann zu fließen, wenn in der Nacht Temperaturen von ca. -5°C, und tagsüber ca. +5° C herrschen. Denn dann dehnt sich das, in den Zellen des Ahorns gespeicherte, Kohlenstoffdioxid aus und übt einen Druck auf das sich ebenfalls in den Zellen befindliche Wasser aus, in dem auch ein Teil des Zuckers gelöst ist. Das Wasser kann ungehindert durch die Zellmembran diffundieren und so kommt es im gesamten Baum zu einem Wasserüberdruck, den man ganz leicht abzapfen kann. Dazu braucht es nur eine Bohrmaschine und ein passendes Verbindungsstück von Baum zu Schlauch, der wiederum direkt in das Siruphaus führt, wo das dünnflüssige Ahornwasser dann über dem Holzfeuer eingedickt wird. Das Verhältnis von Sirup zu Wasser beträgt dabei 1 / 40. Die Arbeit in den letzten Tagen bestand dabei darin, mit Schneeschuhen und Ausrüstung im Rucksack über die Hügel zu wandern und Ahornbäume anzubohren sowie mit dem Schlauchsystem zu verbinden. Insgesamt waren wir sieben Leute und es hat und drei volle Tage gekostet, bis wir die insgesamt 3 500 Bäume angeschlossen hatten. Doch es hat sich gelohnt und der süße Sirup hat die Strapazen der harten Arbeit mehr als wett gemacht.

die Crew: auf zu frischen Taten!

beim Anbohren im Wald

Zuckerahorn mit Verbindungsstück

Sapsucker- kleine Kostprobe des süßen Wassers

Bassin, in dem der Ahornsaft von allen angezapften Bäumen gesammelt wird, bis er später eingekocht wird

Zuckerhaus am Black River

Am Abend gab es dann die Möglichkeit, die Kultur Cape Bretons zu erkunden . Die Insel ist stark von Schottischen und Irischen Einflüssen geprägt, so dass ich wahrer Fiddle Musik lauschen konnte und den traditionellen Square Dance der Region zu tanzen gelernt habe. Mein persönliches Highlight war allerdings ein Spaziergang am Strand von Port Hood, wo die Eisschollen auf dem Wasser das Licht des Sonnenuntergangs zurück reflektierten und so das Meer in Flammen aufgehen ließen.
Insgesamt fühle ich mich hier in Nova Scotia sehr wohl, und wenn ich nun jemandem erkläre, warum ich Kanada so gerne mag, kann ich auch auf Beispiele außerhalb der Grenzen von British Columbia verweisen. Die Bundesstaaten New Brunswik, Prince Edward Islands sowie Neufundland und Labrador stehen noch auf meiner Liste, allerdings warte ich wohl bis zum Frühling, bis all der Schnee geschmolzen ist. Bis dahin bin ich hier glücklich.
Eisschollenwanderung am nahen Meer

Sonnenuntergang am zugefrorenen Strand

Port Hood by the Sea, Cape Breton, NS