Es ist Donnerstag der fünfte April. Um 09:30 am mache ich mich nach drei Nächten wieder auf die Socken. Ich verlasse das „Banff Alpine Centre“ und fahre mit dem Banff-Roam-Bus in die City. Die Sonne scheint und ich positioniere mich auffällig vor dem Trial Rider Store an der Main Street. Um 10 Uhr bin ich hier mit Lindsay Eklund verabredet, ein Cattle Rancher aus Alberta, der extra die gut 100km auf sich nimmt um mich aus Banff abzuholen und sich als groß, einen schwarzen Cowboyhut und eine LJ-Ranch Jacke tragend am Telefon beschrieben hat. Ich muss auch gar nicht lange warten, bin dann allerdings doch etwas überrascht, als ein junge Mutter mit zwei kleinen Kindern aus dem roten Geländewagen aussteigt und freundlich auf mich zu kommt; Das ist nicht Lindsay! Immerhin scheint sie zu wissen, wen sie hier abholen möchte, auf mein etwas verwirrtes Lächeln stellt sie sich als Laura vor, eine der Töchter, die in Banff wohnt und heute sowieso raus auf die Farm fährt. Meine dreckigen Wanderstiefel scheinen nicht zu stören, ich bin erleichtert, dass das Abholen schon einmal so gut geklappt hat, nach gut eineinhalb Stunden erreichen wir die LJ-Ranch.
Mit den Worten „Welcome stranger“ (mittlerweile habe ich mich über „boy“ zu „my friend“ hoch gearbeitet) werde ich von Lindsay und Joy Eklund gastfreundlich mit einem vorzüglichen Mittagessen begrüßt. Ich bekomme ein Gästezimmer im Keller zugewiesen, stelle meine Sachen ab, dann geht es erst einmal auf eine Führung über die Ranch.
Zugegebener weise belächle ich den Rancher etwas, als er für diesen Rundgang in seinen Truck steigt, relativ schnell wird mir dann allerdings klar, das das bei den 3560 acres, die hier zusammen mit der Wine Glass Ranch (der Betrieb des Sohnes) bewirtschaftet werden, gar keine so schlechte Idee ist. Es ist unglaublich riesig.
Vom Ranchhaus aus blickt man in ein Tahl, in dem die Wine Glas Ranch an einem kleinen Creek liegt. Umgeben von den foothills der Rockie Mountains (wir befinden uns in Rockie View County) ist die Landschaft von den endlos scheinenden Weideflächen, einigen Felder und den Hügeln geprägt, bei klarem Wetter runden die schneebedeckten Rocky Mountain die beeindruckende Aussicht ab. Nachdem ich etwas geschockt von der endlosen Plätte vor ein paar Wochen in Calgary gelandet bin, bin ich nun beruhigt, dass es immerhin die vielen Hügel gibt und dass ich wenigstens die Rockies nach wie vor sehen kann.
Das dritte Abenteuer als Cowboy kann beginnen!
Es scheppert unglaublich laut, als plötzlich ein Schwan in die Stromleitung fliegt, etwas taumelt, dann aber weiter fliegt |
Während der ersten Tage musste ich mich nun erstmal wieder auf eine neue Sache einstellen. Alles und jeder war neu, doch schon nach diesen ersten Tagen war mir klar, dass ich hier unglaublich viel lernen kann. Am dritten Tag auf der Ranch stand ein erneuter Umzug an. Lori Anne, eine weitere Tochter, war auf der Suche nach einem roommate, das mobile home „The palace“ liegt an dem besagten creek neben der Wine Glas Ranch. Ja, nach meiner Staff Cabin ist es wirklich ein kleiner Palast. Ich habe mein eigenes Zimmer, es gibt ein Bad, zwei Wohnzimmer und eine Küche. Der Strom- und Internetanschluss ermöglichen es mir nun sogar außerhalb der gewohnten Internetzeit bei Muktuk an meinem Blog weiter zu schreiben, auch der heiße Kaffee am Morgen hat doch etwas für sich.
Es ist Ostern. Ich genieße meinen freien Tag, richte meine neue Bleibe häuslich ein und wander über die Ranchflächen. Auf meiner Wanderung fällt mir der artenreiche Wildbestand (Wapitis, Deer, Coyoten, Adler, Präriehunde all over the place und einiges mehr...) auf, so sehr ich mich allerdings auch anstrenge, Hinterlassenschaften des Osterhasen finde ich keine. Ich genieße die Aussicht vom Hügel und mache mich dann mit meinem Truck auf den Weg zu Lindsay und Joy; Zum diesjähreigen Osterfest hat sich die gesamte Familie (so ganz steige ich da noch nicht durch, es sind einfach so viele Menschen) im Ranchhaus getroffen, zum Osterdinner bin ich wie selbstverständlich schon nach drei Tagen eingeladen. Auch hier haben die Sechs Enkelkinder schon, bezüglich Ostereiern, ganze Arbeit geleistet, das folgende Essen ist allerdings mehr als entschädigend. Ich bin von der Freundlichkeit überwältigt, erzähle meine bisherigen Kanadaabenteuer unzählige Male, unterrichte etwas Deutsch und habe einen schönen Abend. Danke!
Schon nach mittlerweile einer Woche zähle ich zu der echten Cowboys dazu. Einige meiner Aufgaben, die ich besonders liebe, bestehen aus Rinder treiben, sortieren und Lasso werfen. Da die gesamte Arbeit mit den Rindern hier vom Pferderücken aus betrieben wird, verbringe ich etliche Stunden im Sattel, bin mittlerweile vom Greenhorn in den Cowboyclan aufgenommen worden. Schon jetzt gibt es unglaublich viel zu berichten, davon aber demnächst mehr...
Moving cattle und es gießt wie aus Eimern |
Yeehaw, the cowboy's life!
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